Da ich zur Abwechselung auch mal wieder arbeiten muß, hier mein Resümee der Diskussionen in den threads zu „Feminismus und BDSM (Sadomasochismus) – unvereinbar“ (Mirabella am 30.09. – bisher 619 Kommentare) sowie „Sex wars beim Mädchenblog“ (TaP am 15.10. – bisher 380 Kommentare)
[Da es in dem sex wars-thread auch schon wieder unübersichtliche nahezu 400 Kommentare gibt und sich die Diskussion mittlerweile um Knast und Lohnarbeit und welche wann was zu diesem Thema (Knast/Lohnarbeit) gesagt und gemeint hat, dreht, und ich auch schon eine mail erhalten habe, daß sich in dem thread nur noch mühselig scrollen lasse, poste ich mein hiesiges Resümee als neuen Beitrag.]
I. Dissenspunkte
Thesen des möchte-gern-„emanzipatorische[n] Kollektiv[s]“ meiner KritikerInnen:
1. An dem, was wir sind, können wir nur wenig bis gar nichts ändern.
2. Deshalb ist politische Agitation (im sexuellen Bereich) zu unterlassen.
3. Sexualität ist nicht an politischen Maßstäben zu messen.
4. Die Spiel-Realität von BDSM und die sonstige Realität lassen sich trennen.
Meine Anti-These:
1. Wir sind Produkte der widersprüchlichen und daher immer dynamischen gesellschaftliche Verhältnisse. Alles, was geworden ist, ist – vielleicht nicht immer ‚rückgängig‘ zu machen, aber sehr wohl – erneut änderbar.
2. Politische Agitation kann in jedem Feld – nicht nur im Feld der Sexualität – fehlschlagen und unerwünschte Effekte hervorrufen. Dies spricht aber nicht dafür, politische Agitation schlicht zu unterlassen.
3. Das Private und damit auch das Sexuelle ist politisch.
4. Die Trennungsthese ist Wunschdenken. Die empirischen Belege und auch die Ausführungen von Seiten meiner KritikerInnen selbst (seltene ironische Brechungen; häufig eindeutig fixierte Rollenpräferenz für den sub- oder dom-Part) deuten eher darauf hin, daß BDSM die herrschenden Verhältnisse reproduziert.
Es folgen die Begründungen zu den Thesen und Antithesen (dies – leicht gekürzt – als tabellerische Übersicht auf 3 Seiten als .pdf-Datei gibt es hier) sowie die Abschnitte:
II. Der schwache Konsenspunkt
III. Die politisch-theoretischen Grundpositionen meiner „emanzipatorischen“ KritikerInnen
(Ich ziere schon mal:
earendil: „‚Überzeugter Christ‘ bin ich bekanntlich auch.“; ADA: ‚Ich bin kein Feminist‘; l: „das zentrale problem ist der kapitalismus. sehr viele probleme in bezug auf das männer-frauen-verhältnis erledigen sich mit seiner abschaffung.“; laylah: „abgesehen davon, dass ich überhaupt keinen feministischen maßstab habe: […]“; -
weitere Zitate dann dort)
IV. Noch mal kurz zur Erinnerung – Was war eigentlich die Position, für die ich argumentierte und an der ich festhalte?
(Springe bei Interesse alternativ sogleich dort hin:
TaP – 23. Oktober 2009 um 17:48 Uhr und dort hin:
TaP – 09. Oktober 2009 um 0:23 Uhr)
V. Abschlußbemerkung
Vorab sei aus den Reihen derjenigen, die nicht einer der beiden Positionen zuzuordnen sind, die Position von dodo (17.10.; 22:25 h) zitiert:
Sie hatte aber nicht gesagt, daß BDSM außerhalb feministischer Kritik stehe, sondern, daß „BDSM […] nicht ‚antifeministischer‘ als sex im allgemeinen“ sei.
Und sie hat außerdem gesagt:
„[…] das heißt ja nicht, daß man sich keine (selbst-)kritischen gedanken machen kann/soll. […]. allein die erkenntnisse, die man dadurch über sich selber und gleichzeitig auch über das umfassendere thema (reproduktion von herrschafts/rolle/…-verhalten im sexuellen bereich) gewinnt, sind…nunja, ein gewinn eben. sicher mag das nicht immer der fall sein: es dreht sich darum, wie man damit umgeht, ob man bezüglich des eigenen (auch sexuellen) verhaltens scheuklappen anlegt oder ob man mit sich ehrlich ist, ob man angst vor neuen erkenntnissen hat oder lernt, diese (und die daraus resultierenden konsequenzen) zu begrüßen.“
Zu den Nuancierungen zwischen den beiden Positionen siehe auch noch meine Antwort (TaP – 22.10.; 22:44 h) auf Emily (22.10.; 19:39 h).
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