"Mädchen haben doch auch Computer", dachten sich offenbar ein paar Leute. "Vielleicht wollen die darauf ja auch Spiele spielen? Machen wir doch mal so ein Spiel!" Gesagt, getan. Herausgekommen ist dabei im Falle des Spieles myboyfriend aber leider nur sexistischer Sch***dreck der allerübelsten Form.
Das spielende Mädchen selbst ist nämlich ihr eigener Charakter. Als dieser Charakter muss sie sich allen Anforderungen, die ihre Umwelt an sie stellt, anpassen, um schließlich dem "Boy ihrer Träume" aufzufallen. Das bedeutet: Ohne Fitness-Studio, jede Menge Klamotten, Make up und "Skills" geht da gar nichts. Und je nachdem, welcher Typ ihr "Boy" ist, muss sie sich seinem Idealbild vollkommen anpassen, bevor er sie überhaupt erst bemerkt.
Erobere das Herz deines Traumboys!
Spiele dich selbst und wähle den Boyfriend deiner Träume! Zu Beginn wird er dich kaum beachten und das gilt es zu ändern. Stöbere mit deiner besten Freundin in Mädchenzeitschriften, kleide dich neu ein, gehe zum Friseur, flirte im angesagtesten Club der Stadt, stärke deinen Körper im Fitnessstudio, erfahre mehr über deinen Traumboy, indem du nett zu seinen Freunden bist und schreib ihm die richtigen Kurznachrichten.
Um das alles machen zu können, muss selbst ein Computerspiel-Vorstadt-Mädchen was tun. Nämlich jobben. Und um jobben zu können, muss es gewisse Fähigkeiten – „Skills“ – haben, und „Bildung“. Was dann zu diesem kuriosen Eintrag in den FAQ führt:
Frage: Woher weiß ich, welche Jobs ich machen kann?
In der Bücherei hängt hierzu eine Liste. Am Anfang sind nur drei Jobs frei geschaltet. Du benötigst nämlich eine gewisse Bildung, ein bestimmtes Aussehen (Eleganz, Romantik, Originalität) und eine weitere Eigenschaft (Sport, Freestyle, Musik), um einen Job ausführen zu können.
Frage: Was bringt es mir, wenn ich meine Bildung erhöhe?
Das gibt mehr Geld bei den Schülerjobs.
An dieser Stelle ist es bereits – wir haben ja schon ziemlich viele Absurditäten hinter uns – fast überflüssig zu erwähnen, dass sich auch alle sonstigen sozialen Beziehungen an der Boy-Suche ausrichten. Wenn es den Eltern oder der besten Freundin nicht Recht gemacht wird, hat das "Girl" ein Problem:
Frage: Ich kann das Wohnviertel nicht verlassen! Woran liegt das?
Vermutlich hast du den Familien-Wert vernachlässigt und hast nun Hausarrest. Je höher der Wert, desto weiter darfst du abends weg.
Also: Die ganze Existenz des Mädchens richtet sich im Spiel daran aus, was sie tun muss, um den Typen kennenzulernen. Bildung, Beziehungen, Bewegungen, Identität: Alles nur für "ihn". Einen ignoranten Arsch, dem Persönlichkeit zu haben von vornherein unterstellt wird. Nichts für sich selbst. Und dafür, sein eigener hirnloser Tamagotchi zu sein, auch noch 25 Euro bezahlen? Nee, danke.
P.S.: Liebe Marketing-Strategen: Vielleicht lieber mal die bereits vorhandenen Spiele für Frauen attraktiver gestalten? Würde vielleicht schon reichen, dem Sexismus in den diversen Gamer-Communities mal gehörig einzudampfen. Es spielen nämlich mehr Mädchen und Frauen, als ihr denkt. Die müssen sich nur leider verstecken.
Danke, Jens!